Langzeiterfahrungen mit Infrarotwärme im Mehrfamilien-Neubau
Die Bewohner-Zufriedenheit spricht für sich
Aus über fünf Jahren liegen im genossenschaftlichen Darmstädter Wohnprojekt K76 Praxiserfahrungen mit einer reinen Elektro-Direktheizung vor – und alle Zweifler sind verstummt. Das bestätigt nicht zuletzt Architekt Thomas Lückgen, der das Haus mit plante und selbst bewohnt.
„Keep it simple“ war die Grundidee, die hinter dem gesamten Konzept des vierstöckigen Mehrfamilien-Wohnhauses in der Darmstädter Karlstraße 76 liegt. Das begann schon bei der „schnörkellosen“ aus der Adresse abgeleiteten Bezeichnung „K76“. Thomas Lückgen ist mit seinem Partner Arne Steffen bei werk.um nicht nur Architekt, sondern auch Bauherr und selbst Bewohner des Hauses aus dem Baujahr 2017. Mit dem Objekt wollte er beweisen, dass sich kostenbewusstes und qualitätvolles Bauen nicht ausschließen müssen.
Das Video
Das Baukonzept
Das K76 erfüllt selbstverständlich alle Anforderungen der zur Bauzeit geltenden Energieeinsparverordnung, das heißt z. B. 24 cm-Dämmung auf den Massivbauteilen. Obendrein sind von den 1.450 m² Hüllfläche rund 500 m² Verglasung mit einem U-Wert von 1,0 – davon ein Großteil sogar nach Norden ausgerichtet. Um sein Konzept des kostensparenden Bauens weiter zu verfolgen, verzichtete Architekt Lückgen allerdings auf besondere KfW-Standards. Trotzdem verfügt der Bau über eine zeitgemäß dichte Gebäudehülle sowie über eine wohnungszentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung.
Die Infrarotheizung hat sich in der Praxis voll bewährt
Inzwischen ist das Haus seit über fünf Jahren bewohnt und eines der seinerzeit mit am argwöhnischsten hinterfragten Details hat in jedem Jahr aufs Neue seine Bewährungsprobe bestanden: die elektrischen Infrarot-Heizelemente an der Decke als Alleinheizung im gesamten Gebäude. Das Interesse an diesem Wohnprojekt war so enorm, dass es sogar ein aufwändiges Forschungsprojekt an der Hochschule Konstanz zum energetischen Konzept dieses Hauses gab. Dieses endete ebenfalls mit einem positiven Fazit zur Wirtschaftlichkeit, aber auch zur Umweltfreundlichkeit. Der Strom, der vor allem auch für die Infrarotheizung benötigt wird, wird auf dem Dach des Hauses mit einer 30 kW peak großen Anlage erzeugt. Damit wird eine Deckung des gesamten Stromverbrauchs von ca. 30 Prozent erreicht.
Günstige Bau- und geringe Betriebskosten
Dass man mit einer elektrischen Infrarot-Direktheizung gegenüber einer konventionellen wassergeführten Heizung schon bei der Installation reichlich Geld spart, leuchtet ein: Man benötigt keinen Heizkessel, keine Rohrleitungen durchs gesamte Haus, keine störenden Heizkörper, keine Pumpen, keine hydraulischen Regler und auch keinen Schornstein, ja, man braucht nicht mal einen Heizungsraum! Elektrische Leitungen liegen dagegen sowieso schon in jedem Raum und die einzelnen Elemente einer Infrarot-Strahlungsheizung kosten auch nicht die Welt, selbst wenn es qualitativ besonders hochwertige wie die des süddeutschen Herstellers Vitramo sind. Für dessen Deckenheizelemente entschied sich Architekt Lückgen unter anderem wegen ihres dezenten Designs und weil man von ihnen, dank ihrer besonders hohen Oberflächentemperaturen von bis zu 190 C°, nicht so viele und große Elemente benötigte. Die Vitramo-Heizelemente erreichen trotz geringer Baugrößen und der geringen elektrischen Leistungswerte hohe Heizleistungen und ebensolchen Wärmekomfort. Verantwortlich dafür ist ihr guter Strahlungswirkungsgrad.
Elektroheizung ist nicht gleich Elektroheizung
Eine zeitgemäße elektrische Infrarotheizung in einem modernen Niedrigenergiehaus hat technisch nichts mit Elektroheizungen aus vergangenen Jahrzehnten gemein. Wärmestrahlung wie bei einem Kaminofen – das ist kurz gesagt die Art und Weise, wie die elektrische Infrarotheizung von Vitramo funktioniert. Die Wärmestrahlung erwärmt in erster Linie die Oberflächen (auch die der Bewohner), auf die sie trifft und nicht primär die Luft. Das bewirkt ein angenehmes Wohlfühlklima – trotz geringerer Raumtemperatur – und damit weniger Energieverbrauch. Außerdem wird viel weniger Luftbewegung als bei einer Konvektionsheizung verursacht, was wiederum Staubaufwirbelungen verringert. Davon profitieren besonders Allergiker.
Die Infrarot-Heizelemente von Vitramo sind in der Wärmeabgabe geradezu „Sprinter“. Unter den Rahmenbedingungen einer modernen Gebäudehülle arbeiten sie zudem effizienter als übliche konventionelle Heizsysteme. Am Beispiel des Mehrfamilien-Neubaus K76 lassen sich die Vorzüge des Konzepts gut belegen. „Zuerst hatten auch Planerkollegen noch ziemliche Vorbehalte gegen eine reine Stromheizung“, berichtete Architekt Lückgen kürzlich in einem Interview gegenüber Vitramo. „Das hat sich aber gegeben. Alle Bewohner sind heute sehr zufrieden mit der Lösung. Und wenn sie es nicht gewesen wären, hätte ich hier ziemlich sicher schon wieder ausziehen müssen. Ich bin selbst total begeistert, denn die Wärme ist ausgesprochen angenehm. Außerdem hat es jeder selbst in der Hand, die Wärme so zu regulieren, wie es seinem persönlichen Wohlbefinden entspricht. Wir haben hier die Temperatur auf 19,5 Grad eingestellt und sitzen trotzdem nicht in dicken Pullovern, sondern durchaus sogar im T-Shirt, weil die Strahlungswärme auf den Oberflächen einfach eine andere ist und nicht so hohe Lufttemperaturen braucht. Auch das hat noch einen Einspareffekt. Nachts senke ich meine Temperatur auf ca. 18 Grad ab. Die Wiederaufheizung am nächsten Tag geht sehr schnell.“
Fazit
„Wir haben jetzt über fünf Jahre Erfahrung mit dem System und es ist in dieser Zeit weder etwas kaputtgegangen noch sind Wartungskosten angefallen“, erläutert Architekt Lückgen. „Weil das K76 vom Dämmstandard her nicht einmal besonders anspruchsvoll ist, glaube ich, dass das auch in anderen ganz gewöhnlichen Gebäuden gut funktionieren würde und unter Kostenaspekten eigentlich auch für jeden Neubau hoch attraktiv sein müsste.“