Sanierte und nicht-sanierte Bestandgebäude
Im Falle einer Sanierung oder eines Ersatzes des Heizsystems greifen genau wie beim Neubau auch die EnEV und das EEWärmeG. Je nachdem, wie groß der Eingriff in das bestehende Gebäude ist, gelten unterschiedliche energetische Mindestanforderung an die jeweiligen Bauteile.
Neben dem Aufwand, der für die Genehmigung des Vorhabens erforderlich ist, sind auch die künftig zu erwartenden Verbrauchs- und Betriebskosten für die wirtschliche Betrachtung wichtig. Da die vorhabensbezogene Ermittlung der Kosten sehr umfangreich sein kann, empfehlen wir unbedingt rechtzeitig einen fachkundigen Berater in den Endscheidungsprozess einzubinden. Gerne liefern wir Ihnen eine erste Einschätzung, darüber, ob eine Einbindung einer Infrarotheizung im konkreten Fall und unter welchen Vorrausetzungen sinnvoll erscheint.
Für den Fall, dass Gebäude nur mit hohem unzumutbarem Aufwand regelkonform saniert oder hergestellt werden können, gibt es Möglichkeiten sich von diesen Auflagen befreien zu lassen:
Befreiungstatbestände nach EnEV und EEWärmeG
Die §§ 10 Absatz 6 und 25 der Energieeinsparverordnung (EnEV) und § 9 Satz 2 des Erneuerbare Energien Wärmegesetzes (EEWärmeG) enthalten Befreiungstatbestände.
Eine Befreiung von den Vorgaben der EnEV und des EEWärmeG ist insbesondere dann möglich, wenn das Erfüllen der Vorschriften zu einem „unangemessenen Aufwand" oder zu einer „unbilligen Härte" führt. Deutlich wird dies in § 5 Absatz 1 Satz 2 des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) als Ermächtigungsgrundlage für die EnEV, wonach Anforderungen nur dann als wirtschaftlich vertretbar gelten, wenn sie innerhalb der üblichen Nutzungsdauer durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können.
Wann liegt eine „unbillige Härte" vor?
Bei Bestandsbauten müssen sich die gemäß EnEV erforderlichen Aufwendungen für die Maßnahme innerhalb einer „angemessenen Frist" durch die damit erzielten Einsparungen amortisieren.
Die „angemessene Frist" selbst ist in der EnEV nicht definiert. Deshalb muss man auf die Rechtsprechung zurückgreifen. Diese forderte in mehreren Entscheidungen, dass sich Energieeinsparmaßnahmen „innerhalb eines Zeitraums von etwa 10 Jahren" amortisieren sollen, um wirtschaftlich zu sein (zum Beispiel Landgericht München I, Beschluss vom 8.12.2007, Az: 1 T 15543/05).
Bei Neubauten muss die Amortisation im Rahmen der „üblichen Nutzungsdauer" erfolgen. Dabei geht es hier weniger um die übliche Nutzungsdauer „des Gebäudes" als solches; vielmehr hat man wohl auf die übliche Nutzungsdauer des „jeweiligen Bauteils" abzustellen.
Der Planer muss aus seiner Sachwalterstellung heraus bei der Frage, ob im Einzelfall eine „unbillige Härte" vorliegt, in zwei verschiedene Richtungen ermitteln.
Ist unbillige Härte aus objektiven Gesichtspunkten erfüllt?
Zum einen muss er objektbezogen neben der Unterschreitung der Bagatellgrenzen prüfen, ob eine Planung und Umsetzung nach EnEV und EEWärmeG zu einer „unbilligen Härte" führt. Dabei sind selbstverständlich auch die Folgekosten angemessen zu berücksichtigen. So wird eine Außendämmung zum Beispiel auch gewisse Anpassungsmaßnahmen am Bauwerk nach sich ziehen, die in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbezogen werden müssen. Gleiches gilt für die Kapitalzinsen für die Investition im Betrachtungszeitraum, die Energiepreissteigerungen, anfallende (erhöhte) Instandhaltungskosten etc.
Wichtig: Dabei sollte die Berechnung der Energiesparpotenziale objektbezogen erfolgen. Im Altbau, wo Verbrauchsdaten vorliegen, dürften diese - zumindest aus Sicht des gegebenenfalls geschädigten Bauherren - Vorrang vor der fiktiven und oft viel zu hoch angesetzten „Wärmebedarfsberechnung" haben.
Ist unbillige Härte aus subjektiven Gesichtspunkten erfüllt?
Zum anderen muss der Architekt aber auch prüfen, ob „subjektive" Gründe in der Person des Auftraggebers vorliegen, die trotz fristgemäßer Amortisation zur „unbilligen Härte" führen. Allerdings wird man hier auch eine gewisse Mitwirkung des Auftraggebers verlangen müssen.
Der Dialog mit der Baugenehmigungsbehörde
Nach den verwaltungsrechtlichen Gegebenheiten hat die zuständige Behörde die Befreiung zu erteilen, wenn der Befreiungsantrag seitens des Architekten gestellt und mit einem zutreffenden Nachweis der „unbilligen Härte" gekoppelt ist. Das steht so auch in § 25 EnEV.
Wortlaut § 25 EnEV
„(1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag von den Anforderungen dieser Verordnung zu befreien, soweit die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen."
Die Behörde hat dabei keinen Ermessensspielraum. Versagt sie bei einer nachgewiesenen „unbilligen Härte" die Befreiung, setzt sie sich eigenständigen Schadenersatzansprüchen aus.
Quelle: Wirtschaftsdienst Ingenieure & Architekten 12 / Dezember 2010 (www.iww.de);
Artikel „Unwirtschaftlichkeit energetischer Sanierungen: Neue Haftungsfalle für Planer" von Rechtsanwalt Alexander Tauchert, München und Konrad Fischer, Architekt, Hochstadt am Main - www.konrad-fischer-info.de.
Gerne sind wir Ihnen bei der Prüfung, ob eine „unbillige Härte" vorliegt und dem Befreiungsantrag, behilflich.